„Niemand muss mit Amazon konkurrieren“

„Niemand muss mit Amazon konkurrieren“

Der Online-Handel sorgt gerade bei kleinen und mittleren Unternehmen für Kopfzerbrechen: Worauf sollte ich bei einem eigenen Webshop achten? Wie viel Geld muss ich in die Hand nehmen? Wie verträgt sich der stationäre Handel mit Amazon und Co.? Diese Fragen sind pauschal nur sehr schwer zu beantworten. „Es geht darum, die passende Lösung für das eigene Unternehmen zu finden“, erklärt Dieter Puganigg im Interview. Für den Unternehmensberater und Leiter des Lehrgangs „E-Commerce Expert“ am BFI Wien steht jedoch fest: „Ohne irgendeine Form von Online-Präsenz wird es, außer für große Ketten, fast unmöglich sein zu, überleben.“ Außerdem spricht Puganigg über verschiedene Webshop-Lösungen, Anforderungen an E-Commerce-ManagerInnen und die Besonderheiten des BFI-Lehrgangs.

Haben kleine Händler ohne Online-Handel überhaupt noch eine Überlebenschance?
Puganigg: Ich möchte das immer positiv formulieren. Ich glaube, dass E-Commerce eine riesige Chance für das Überleben des stationären Einzelhandels ist. Natürlich nur, wenn es strukturiert betrieben wird. Das heißt nicht, dass man unbedingt viel Geld in die Hand nehmen muss, um einen eigenen Online-Shop aufzubauen. Warum auch, wenn ich etwa eine kleine Bäckerei bin? Aber ich könnte zum Beispiel eine Bestellmöglichkeit für bestimmte saisonale Produkte anbieten, die man sich vorreservieren und im Geschäft abholen kann. Dort kann ich dann mit persönlicher Betreuung etc. punkten. Lange Rede, kurzer Sinn: Ohne irgendeine Form von Online-Präsenz wird es, außer für große Ketten, fast unmöglich sein zu überleben.

Worauf sollten UnternehmerInnen achten, wenn sie ihre Produkte online anbieten? Was macht für Sie einen guten Webshop aus?
Puganigg: Die Benutzerfreundlichkeit. Das beinhaltet auch die Abwicklung. Der gesamte Bestell-, Bezahlungs- und Liefer-Prozess muss für den Kunden so aufbereitet sein, dass es eine einfache, transparente und im Sinne des Datenschutzes sichere Transaktion wird. Ohne gute Produkte geht natürlich nichts, im Webshop ist es wichtig, dass ich die Merkmale dieser Produkte gut herauslesen kann. Es gibt viele gute Webshop-Lösungen, die auch alle im Lehrgang vorgestellt werden.

Was sagen Sie UnternehmerInnen, die meinen, gegen Amazon hätten Sie online ohnehin keine Chance?
Puganigg: Niemand muss mit Amazon konkurrieren, das ist auch nicht das Thema. Es geht darum, die passende Lösung für das eigene Unternehmen zu finden. Das kann auch Amazon selbst sein: Ich kann Amazon als Vertriebskanal verwenden, wenn ich bereit bin, meine Produkte grenzüberschreitend zu verkaufen. Aber es gibt auch Lösungen aus Österreich für Österreich. Wenn ich mir selber einen Webshop aufbaue, muss ich das Personal und auch das Budget haben.

Von welchen Budgetgrößenordnungen sprechen wir im Vergleich zu Amazon und Co.?
Puganigg: Damit ich mich einigermaßen gut präsentieren kann, muss ich sicherlich mit einem höheren vierstelligen Betrag rechnen. Amazon bietet seine Lösung auf Basis einer Provision und eines Fixums an. Da reden wir auch schon über viele Prozente, dafür kriege ich auch die Leistung. Bei Shöpping, dem Portal der österreichischen Post, gibt es Lösungen, die bei unter 100 Euro im Monat anfangen.

Welche Eigenschaften sollte ein E-Commerce-ManagerInnen besitzen?
Puganigg: Technisches Verständnis, zumindest was die Online-Konzepte und -Trends betrifft, aber auch kaufmännische Kenntnisse, die mindestens dem HAK-Niveau entsprechen. Sprich jemand, der die Bedeutung von Vertrieb, Marketing, Logistik und Prozessmanagement kennt, bewerten und vielleicht auch zusammenführen kann. Auf diese Kombination kommt es an! Es muss also nicht jeder wissen, wie man eine Website oder App programmiert.

Und diese Kenntnisse bekommen die TeilnehmerInnen beim Lehrgang „E-Commerce Expert“ vermittelt?
Puganigg: Ich habe heuer die Lehrgangsleitung übernommen. Wir haben das Konzept auf Module, die die Bereiche Geschäftsmodell, Technik, Marketing und Vertrieb sowie Operations abdecken, umgestellt. Mit Operations ist der Betrieb gemeint. Also Warenwirtschaft, Lieferantenverbindungen und Bezahlsysteme. Für alle diese Module stehen Vortragende zur Verfügung, die diese Themen in ihrer beruflichen Praxis durchführen und echte Experten sind.

Das heißt, die große Stärke des Lehrgangs ist die Praxisnähe?
Puganigg: Absolut. Ich glaube, das ist auch eine große Stärke des BFI Wien. Es wird Wissen von Praktikern für Praktiker vermittelt. Das war uns ganz wichtig. Am Ende des Lehrgangs verfassen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer eine kleine Arbeit, die aus ihrem beruflichen Umfeld kommt und die sie dann nach dem Lehrgang in ihrem Unternehmen umsetzen können.

 


Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert